Solidarität ist unsere Waffe!

Freitag, 22.11.2024

Totalverweigerung in Gießen

Am 18. Dezember 2008 wird unser Freund und Genosse Jonas wegen „eigenmächtigem Fernbleiben vom Dienst“ in Gießen vor Gericht stehen. Die Linksjugend ['solid] BG Gießen ruft daher für den 17.12.08 zu einer Solidaritätskundgebung für Jonas auf. Für uns bedeutet der Entschluss, dem Kriegsdienst eine klare Absage zu erteilen, nichts weiter als eine konsequente Haltung gegenüber imperialistischer Kriege, dem Kredo der Militarisierung (in Bezug auf Außen- und Innen-politik) und gegenüber staatlicher Bevormundung.
Für alle AntimilitaristInnen, als auch für alle emanzipatorisch denkenden Menschen gibt es keine konsequente Alternative zur Total-verweigerung.

Hintergrund:

Die Bundeswehr hat sich spätestens seit der Gründung der Kommando Spezial Kräfte (KSK) 1996 zur Angriffsarmee entwickelt. Diese hatte ihren ersten Einsatz 1998 in Bosnien und ist seit dem Beitritt Deutschlands zur Operation Enduring Freedom (OEF) 2002 weltweit an Angriffskriegen beteiligt. Der Ex Brigade General Rheinhard Günzel versteht die KSK als eine Eingreiftruppe in der Tradition der Wehrmacht, und so agieren die BundeswehrsoladatInnen auch, sei es beim Schänden von Leichen oder beim Tragen von Wehrmachtsabzeichen. Dieses Verhalten der Soldaten ist nicht nur Resultat einer menschenverachtenden Militärdoktrin, es macht auch deutlich, dass der Großteil der Bundeswehrrekruten unter psychischen Schäden leidet. Die Bundeswehr hat starke Nachwuchs-probleme, weil den Menschen bewusst wird, was für eine Gefahr die Armee für den Frieden darstellt. Besonders die NATO wird von der Bevölkerung zunehmend als Gefahr wahrgenommen, nicht zuletzt, weil sie auf ihrem Gipfeltreffen letzten Jahres in Bukarest den Atomaren Erstschlag in ihre Doktrin aufgenommen hat. Damit zieht sie in Erwägung, Länder von denen eine vermeintliche Bedrohung ausgeht, direkt mit Atomwaffen anzugreifen. Ob im Kosovo oder im Norden von Afghanistan oder in Zukunft wohl auch vor der Küste Somalias gegen Piraten, überall ist die Bundeswehr in Kriegsgefechte verwickelt, wie es die zahlreichen Berichte zurückkehrender SoldatInnen belegen.

Aufgrund des Rückgangs an potentiellen SoldatInnen in den letzten Jahren betreibt die Bundeswehr daher intensive Rekrutierungsmaßnahmen an Schulen, Jobcenter und auf Berufs- und Bildungsmessen. Bundesweit wurden 2008 an über 2000 Schulen Infoveranstaltungen durch Streitkräfte der Bundeswehr durchgeführt. Alleine auf diese Art wurden in Hessen 2007 und 2008 über 7000 SchülerInnen gezwungen im Rahmen der Schulzeit daran teilzunehmen. Auf diese Art wird versucht, die Gesellschaft für Militäreinsätze im Inneren zu sensibilisieren. Wir empfinden diese Präsenz der Bundeswehr an Öffentlichen Einrichtungen als unerträgliche Provokation, die wir auch in Zukunft unterbinden oder zumindest erfolgreich stören wollen. Es ist uns sehr wichtig deutlich zu machen, wie wichtig es ist, dass es Menschen gibt, die sich gegen diese Staatlichen Herrschaftsstrukturen und den militaristischen Normalzustand in den Weg stellen und den Kriegsdienst totalverweigern.

V.i.S.d.P.: Linksjugend solid BG Gießen, c/o Jonas Ahlgrimm, Wilhelmstraße 7, 35418 Buseck

Der Staatliche Zwangsdienst (Wehrpflicht)

Die Wehrpflicht besteht in Deutschland seit 1956 und kann durch den Bundestag jederzeit mit einfacher Mehrheit abgeschafft werden, ohne dass eine Verfassungsänderung benötigt wird. Es ist nicht hinnehmbar, dass ein Staat einen Menschen aufgrund von Geschlecht und Staatsangehörigkeit zu einen Zwangsdienst heranzieht, ihn zwingt sich einer Musterung zu unterziehen und sich schließlich als funktionierendes Endproduktt voll in Diensten von Kapital (Zivis als billige Arbeitskräfte) und Nation stellen zu müssen. Dadurch wird versucht aus allen jungen Männern ein Einheitsbrei zu machen, und jede Individualität zu untergraben. Zudem verstößt die Wehrpflicht gegen Art.4 der Europäischen Menschenrechtskonvention, da es sich um Arbeitszwang handelt. Die Aufrechterhaltung der Wehrpflicht dient lediglich dazu ein großes Kontingent zu stellen, damit die Bundeswehr sich auch in Zukunft an Kriegen beteiligen kann, die letztendlich auf das Interesse von Großmächten an Ausbeutung und Ausgrenzung zurückzuführen sind. Die Abschaffung der Wehrpflicht und der notwendige Ausstieg Deutschlands aus der Nato sind allerdings auf Dauer keine Lösung. Wir fordern die Abschaffung des Militärs weltweit, da dieses Grundlage für Mord und Unterdrückung ist und nicht vor dem selbigen zu schützen vermag, wie es dessen VerfechterInnen behaupten.

Der "Zivil“ –dienst

Der Zivildienst wird gerne als friedlicher Ersatzdienst beschrieben, ist jedoch nichts anderes als ziviler Kriegsdienst. Dies wurde nach einer Klage 2006 vom Bundesgerichtshof erneut bestätigt. Im Kriegsfall oder in Spannungszeiten sind die Aufgaben der ehemaligen Zivis unter anderem die "zivile Verteidigung". Der Zivildienst ist somit Bestandteil des Kriegsapparates, und stellt keine friedliche Alternative da. Viele vermeintliche Kriegsdienst-verweigerer werden so ruhig gestellt. Die Zivildienstleistenden sind gerade für privatisierte Unternehmen im Gesundheitswesen attraktiv und behindern nicht nur eine ausreichende Versorgung der PatientInnen sondern auch die Abschaffung der Wehrpflicht. Es ist unbekannt, wie viele Menschen jedes Jahr totalverweigern. Diesbezüglich wird beim statistischen Bundesamt keine Statistik geführt. Es sind wohl mehr als wir vermuten. Mit dem Zurückhalten von verlässlichen Zahlen soll der Entstehung einer Bewegung entgegen-gewirkt werden. Es wird der Schein erzeugt, dass sich jeder diesem System unterwirft, Aufmüpfige werden als Staatsfeinde betrachtet. Wir sind froh, dass sich Jonas diesem System nicht beugt und rufen dazu auf, ihn bei seinem Prozess solidarisch zu begleiten und auch mit dem Urteil offensiv umzugehen!

Der Gleichberechtigungsartikel und die Wehrpflicht

Die Wehrpflicht ist ein männerspezifischer Zwangsdienst und steht als solcher für den Mann als starkes Geschlecht, als Beschützer und Versorger aber vor allem für den Mann als gewaltbereites und vaterlandstreues Wesen. Ein geschlechter-spezifischer Zwangsdienst ist nicht weniger als eine in der Verfassung verankerte sexistische Struktur, die der Aufhebung von Geschlechterrollen entgegensteht. Der moderne Mann fühlt sich nicht primär als Versorger und als Verfechter des Vaterlandes, sondern er engagiert sich in der Erziehung und bemüht sich darum, Gleichberechtigung zu leben, auch wenn er sich nicht immer den gesellschaftlichen Erwartungen entziehen kann.

Das Verfassungsgericht und der europäische Gerichtshof

Das Verfassungsgericht hat hervorgehoben, dass der Gleichberechtigungs-artikel (3) und Artikel 12 a (Wehrpflicht) gleichwertig sind. Sie sind beide Teil der Verfassung und beanspruchen daher beide Gültigkeit.
Diese Ausführung ist lächerlich, und zeugt von der Feigheit und der politischen Couleur der Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter.
Es gilt hier zu beachten, dass die Wehrpflicht erst nachträglich hinzugefügt wurde. Folgt man dann der Logik der Richterinnen und Richter, so ist es möglich das Grundgesetz mit sich selbst in Widerspruch zu versetzen, insofern dies politisch gewollt ist und die entsprechenden Mehrheiten dafür vorhanden sind.
Der europäische Gerichtshof hat Frauen den Beruf der Soldatin aus Gründen der Gleichberechtigung zugänglich gemacht. Auch hat er zum Beispiel wiederholt unverheirateten Männern Sorgerecht zugesprochen. Europa scheint in Fragen der Gleichberechtigung modern zu sein. Die Wehrpflicht fällt jedoch unter den Bereich Verteidigung. Für diesen Bereich sind die einzelnen Mitgliedsstaaten selbst verantwortlich und der europäische Gerichtshof erklärt sich für nicht zuständig.

Fazit

Daher steht die Wehrpflicht sowohl dem pazifistischen Grundgedanken, der Gleichberechtigung sowie der Abkehr vom Denken und Leben in nationalen sowie geschlechterspezifischen Kategorien entgegen.

Solidarität ist unsere Waffe!
Zwangsdienste und Militär abschaffen!

Kundgebung:
Am Mittwoch 17.12. um 17 Uhr
Treffpunkt: Vorm Uni Hauptgebäude
(Ludwigstraße)
Prozess:
Am Donnerstag 18.12. um 9 Uhr
Treffpunkt: Amtsgericht Gießen
(Gutfleischstraße)


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