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Freitag, 22.11.2024

Von Roten, Gelben und anderen Zonen des permanent-temporären Ausnahmezustands

(so oder so) Im ersten Teil unserer Presseauswertung (Von Schutzglocken, Tornados und Lunchpaketen, (0)) berichteten wir von den Vorbereitungen der Behörden beiderseits des Rheins. Die weitere Entwicklung der polizeilichen Maßnahmen zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Staatsmacht beider Länder Zonen eines permanent-temporären Ausnahmezustandes errichten will: No Go-Areas, demonstrations- und protestfreie Städte, Ein- und Ausreisebeschränkungen und -verbote. Baden-Baden, Kehl und Strasbourg werden zu Festungen ausgebaut, um sich gegen den Anti-NATO-Protest abzuschotten. In diesem zweiten Teil versuchen wir also, die jetzt vorliegenden Informationen zusammenzufassen.

Noch ist es der internationalen Anti-NATO-Mobilisierung nicht gelungen, die Frage von Demonstrationsfreiheit auch in Strasbourg in den Mittelpunkt zu rücken. Bis jetzt steht noch das Verbot, in Strasbourgs Innenstadt gegen den NATO-Gipfel zu demonstrieren.
Lächerlich erscheinen dagegen die Absonderheiten am Rande: ein beleidigtes Baden-Baden, weil es nicht im offiziellen Emblem des Nato-Gipfels auftaucht - oder Sarkozys Mackerprobleme („Sarkozy streitet über Sitzordnung“). Keine Absonderheit ist dagegen, dass die Konjunkturprogramme der Bundesregierung natürlich auch dem Militär zu gute kommen sollen. So als sei der Militäretat nicht schon hoch genug. Tatsächlich könnte seine Streichung erheblich Gutes tun.

Strasbourg: Keine Anti-NATO-Demonstration in Stadtmitte?

„Eine solche Demonstration darf auf keinen Fall in der Stadtmitte oder in ihrer Nähe erlaubt werden“, sagte Robert Herrmann, der stellvertretende Bürgermeister, in einem Interview. (1) Wie nicht anders zu erwarten, befürchtet er mögliche Krawalle. Dass das möglicherweise was mit dem Anlass, nämlich dem NATO-Gipfel zu tun haben könnte, spielt dabei keine Rolle. Vielmehr sei es ein Problem, dass „die Veranstalter des am 4. April in Straßburg stattfindenden Gegen-Gipfels keine Garantie über die Beherrschung dieser Demonstration“ abgeben wollten. „Wir wollen aber nicht unsere Stadtmitte renovieren, die wir eher angenehm finden», betonte Herrmann.
Tatsächlich ist das Verbot einer Demonstrationsroute durch die Strasbourger Innenstadt zum Tagungsort des NATO-Gipfels kaum auf den Mist der Strasbourger Obrigkeit gewachsen, sondern wird vom französischen Innenministerium vorgegeben.

Protest gegen Demonstrationsverbote

Unterdessen verhärten sich die Fronten im Streit um die Anti-NATO-Großdemonstration durch Straßburg. Das Anti-NATO-Komitee hat die von den französischen Behörden vorgeschlagene Proteststrecke durch die Vororte Strasbourgs abgelehnt. Die Anti-Gipfelgegner wollen unter anderem mit Demonstrationen vor ausländischen Vertretungen Druck auf Politiker ausüben, um die Kundgebung doch noch mitten durch Straßburg führen zu dürfen, berichtet die Tageszeitung "Les Dernières Nouvelles d'Alsace" (Montagsausgabe). "Wir wollen im Herzen der Stadt Strasbourgs demonstrieren und nicht auf den Feldern oder im Hafenviertel", zitierte die Zeitung weiter.

Vorbereitungen der NATO-Gegner: Linke Gruppen aus Deutschland, Frankreich und Europa trafen sich am Wochenende in Straßburg, um Aktionen gegen den NATO-Gipfel vorzubereiten. Es soll Aktionen in Baden-Baden und eine Großdemonstration am 4. April in Straßburg geben. (2)

NATO-Gegner auf beiden Seiten des Rheins haben gegen die geplanten Demonstrationsverbote während des Jubiläumsgipfels des Bündnisses Anfang April protestiert. Die geplante Abriegelung der Innenstädte von Straßburg und Baden-Baden für Demonstranten sei eine Verletzung von Grundrechten, kritisierte die Fraktion der Vereinigten Linken im Europaparlament. Ein Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Wolfgang Gehrcke, forderte den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf, sich für eine Aufhebung der "roten Zonen" mit Demonstrationsverboten einzusetzen. (3)

NATO-Gipfel macht Strasbourg zur Festung

Strasbourg wird beim NATO-Gipfel Anfang April einer Festung gleichen. Dies kündigte der stellvertretende Bürgermeister der Europastadt Robert Herrmann an. Ein solch außergewöhnlicher Gipfel mit hochrangigen Staatsgästen erfordere auch außergewöhnliche Sicherheitsvorkehrungen, so Herrmann wörtlich. (4)

Der stellvertretende Bürgermeister verteidigte die Einrichtung von Sperrzonen im Zentrum sowie rund um den Tagungsort, den Kongresspalast. Bei solchen Großveranstaltungen sei nicht auszuschließen, dass "kleine Grüppchen" außer Kontrolle gerieten. (3)

Am 4. April darf sich in der Altstadt nur aufhalten, wer dort wohnt und dies mit einem Ausweis belegen kann. Im Stadtzentrum werden alle Sehenswürdigkeiten geschlossen. Weder die Kathedrale noch die Museen seien geöffnet, Märkte fielen aus, sagte Robert Herrmann, der stellvertretende Bürgermeister von Straßburg.

Außerdem werden alle öffentlichen Parkhäuser geschlossen. Von den Parkplatzproblemen sind rund 10.000 Haushalte betroffen. Um das erwartete Verkehrschaos gering zu halten, werden 110 Kindergärten, Grundschulen und Ganztagesstätten geschlossen. Einschränkungen wird es für die etwa 273.000 Einwohner Strasbourgs auch im Nahverkehr geben. Die Metro-Stationen in den Sicherheitszonen werden geschlossen, der Busverkehr zum Teil umgestellt. Der Zugverkehr zwischen der badischen Grenzstadt Kehl und Straßburg wird von Freitagabend (3. April) bis Samstag morgen (4. April) eingestellt, meldet der SWR. (5)

"Ein solch außergewöhnlicher Gipfel erfordert auch außergewöhnliche Sicherheitsvorkehrungen"
, erklärte Herrmann die Maßnahmen. Er schloss auch Hausdurchsuchungen in der Altstadt nicht aus. Touristen sollten am Wochenende des NATO-Gipfels zu Hause bleiben oder sich andere Städte anschauen, riet Herrmann: "Das Elsass ist auch anderswo sehr schön."

Elsässische Puppen, Postkarten und Schlüsselanhänger des Münsters müssen Anfang April weg von den Straßen-Verkaufstischen in der City von Straßburg. Nichts darf dort bleiben, wenn US-Präsident Barack Obama und die anderen Staatschefs am 4. April zum NATO-Gipfel kommen. Aus Sicherheitsgründen soll die Umgebung des Strasbourger Münsters - Herz der Stadt und ihres Tourismus - eine Sperrzone werden.
Schon am 2. April nachmittags sollen zwei Drittel der Stadtmitte von der Polizei gesperrt werden - und zwei andere Stadtteile Strasbourgs teilweise. Die Regelung soll bis zum 4. April abends gelten. Hinein kommen sollen nur Anwohner und Personen, die in diesen Stadtteilen arbeiten.
Bereits Ende Januar hatten alle Anwohner einen Brief erhalten, um sich so bald wie möglich bei der Polizei registrieren zu lassen. Sie werden sich dann nur mit Passierschein und Personalausweis in den Sperrzonen frei bewegen können. Das heißt: Kein Tourist darf rein, um Souvenirs zu kaufen oder einen Flammkuchen zu essen. Eine Verkäuferin der Rue Mercière ist darüber empört: „Wir arbeiten doch nicht für die Anwohner!“ Wenn letztlich nur Obama eine Tischdecke bei ihr kaufen könne, „warum sollte ich den Laden dann öffnen?“, fragt sie.

Viele Ladenbesitzer klagen jetzt schon über bevorstehende Einnahmeausfälle. Die Stadt hat schon klar gemacht, dass niemand entschädigt wird; den Läden wird aber erlaubt, am Sonntag nach dem Gipfel zu öffnen. (6)

Auflagen für Protestcamp verschärft

Die Veranstalter des „Anti-Gipfels“ in Straßburg müssen verschärfte Auflagen erfüllen, um Anfang April gegen den Nato-Gipfel demonstrieren zu dürfen, meldet der focus. (7) Die Behörden verlangen unter anderem sehr detaillierte Angaben zur Planung und zum Ablauf der Kundgebungen. Dies geht aus einem Schreiben an die Organisatoren der Kundgebungen hervor, das die Strasbourger Präfektur veröffentlichte. Demnach fordern die zuständigen Behörden detaillierte Angaben unter anderem zu den Versicherungen für bei Straßburg geplante Protestlager, zur Zahl der erwarteten Teilnehmer und Autos sowie zu den Evakuierungsplänen. Außerdem müssen die Veranstalter des „Anti-Gipfels“ Namen von Ärzten, Krankenschwestern, Sanitätern und Sicherheitsleuten nennen, die in dem Camp im Einsatz sein sollen.
Für das geplante Protestlager haben die französischen Stellen ein Gelände südlich von Straßburg angeboten.

Strasbourg putzt sich für den Jubiläums-Gipfel der Nato heraus.

Die Kosten für die Verjüngungskur sollen bei rund 12,6 Millionen Euro liegen. Es sollen das Kongresszentrum, das Ausstellunsgelände Wacken, das Stadtschloss Palais Rohan sowie der Flughafen renoviert und umgebaut werden. Im barocken Stadtschloss, wo sich die Staats- und Regierungschefs zu einem Diner treffen, sind kleinere Schönheitsreparaturen vorgesehen. (8)

Schengen außer Kraft

Das Sicherheitskonzept zum Nato-Gipfel hat ein Vorbild, nämlich Heiligendamm, konstatiert die taz. (9) Ähnlich wie in Heiligendamm hat die Polizei eine Sondereinheit gegründet, die heute aber passend „Besondere Aufbauorganisation (BAO) Atlantik” heißt. Die ist zuständig für eine Fläche von 250 Kilometern in der Länge und 50 Kilometern in der Breite.

Besondere Brisanz erhält das Schengen-Abkommen bei den Gipfelprotesten, weil diese in zwei verschiedenen Staaten stattfinden. Durch das Abkommen sind Grenzkontrollen zwischen den Mitgliedsstaaten, zu denen auch Deutschland und Frankreich gehören, eigentlich abgeschafft worden. Anlässlich großer Demonstrationen wurde es aber in der Vergangenheit mehrfach außer Kraft gesetzt. Bürgerrechtsgruppen befürchten nun, Protestierenden könnte der Grenzübertritt verweigert werden.

„Es wäre in unserem Interesse, wenn es Grenzkontrollen geben würde“, sagte eine Sprecherin des baden-württembergischen Innenministeriums der taz. Eine Aufhebung des Abkommens müsse jedoch vom Bundesinnenministerium beantragt werden, was bislang noch nicht geschehen ist. Ausschließen konnte ein Ministeriumssprecher dies auf Anfrage aber nicht. „Auf der Grundlage der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden werden an den Grenzen lageangepasste Maßnahmen getroffen werden“, hieß es weiter aus dem Ministerium.

Gewappnet für Festgenommene

Das Landesinnenministerium gab unterdessen an, bis zu 500 Festgenommene in nahe gelegenen Gefängnissen und Polizeidienststellen unterbringen zu können. Weiterhin werde geprüft, ob es „mobile Haftzellen“ in Containern geben könne, sagte Innenminister Rech. „Wenn die schwer bewaffnet ankommen, dann sperre ich die weg für die Zeit. Da bin ich auch nicht zimperlich", kündigte der Minister an.

Wegen erwarteter gewalttätiger Proteste beim NATO-Gipfel Anfang April in Baden-Baden und Straßburg stellt die Polizei mehr als 200 Plätze für kurzzeitige Festnahmen und 60 Plätze für Langzeitgewahrsam bereit. Derzeit gehe man davon aus, dass bis zu 3000 „gewaltbereite Aktivisten“ zu dem Gipfel kämen, teilte der Innenminister mit. Zudem werde die Zahl der Polizisten aus Baden-Württemberg, die bei der Veranstaltung zum Einsatz kommen, um 600 auf 6600 erhöht. Zusätzlich seien 8000 Kräfte von Bundespolizei und anderen Ländern im Einsatz. Der Minister wies darauf hin, dass die „terroristische Gefährdungslage“ und „mögliche Aktionen gewaltbereiter Störer“ besondere Anforderungen an die Polizei stellten. Er rechne mit „einer ansehnlichen Zahl von autonomen NATO-Gegnern aus der linken Szene“. (10)


Kehler Bürger/innen stehen unter Hausarrest

Die Stadt Kehl soll während der Gipfeltage von der Polizei in mehrere Zonen eingeteilt werden, für die unterschiedliche Bestimmungen gelten. Besonders hart trifft es die BewohnerInnen der so genannten “Gelben Zone”: “Wer sein Grundstück verlässt, muss sich zuvor mit der Polizei in Verbindung setzen”, sagte Reinhart Renter, Polizeichef des Ortenaukreises. “Dann wird er von einem Beamten permanent begleitet.”

In der Sicherheitszone am Kehler Rheinufer ist es vom Abend des 3. April an bis etwa Samstag morgen (4. April) nur in Polizeibegleitung möglich, das Haus zu verlassen. In Kehl werden die inneren zwei von insgesamt fünf Sicherheitszonen vom Bundeskriminalamt überwacht. Der übrige Bereich, die "blaue Zone", ist nicht eingeschränkt, wird aber stärker von der Polizei kontrolliert. Rathaus, Stadthalle, Polizei und Krankenhaus könnten ohne Einschränkungen betreten werden, hieß es.

Gemeinsam mit Bernhard Rotzinger, Einsatzleiter der bis zu 14 .200 Polizisten auf deutscher Seite und Chef der dafür gegründeten "BAO Atlantik" in Freiburg, stellte Renter das Sicherheitskonzept für den Gipfel am 3. und 4. April für Kehl vor.
Der für Kehl interessante Teil findet am Samstag morgen statt: Bereits um 8.30 Uhr soll es den so genannten diplomatischen Fußabdruck im Bereich der Mimram-Brücke geben. Dazu wird unmittelbar am Rheinufer, südlich der Brücke, ein Zelt oder Pavillon aufgestellt.

Spätestens um 10 Uhr ist am Samstag morgen für die Kehler bereits alles vorbei: Dann werden die Staatsgäste bereits zum eigentlichen Gipfel in Straßburg zusammensitzen. Oberbürgermeister Günther Petry nahm es daher gestern mit Humor: "Wenn Sie am Samstag länger ausschlafen, dann ist schon alles vorbei", nahm er einem kritisch nachfragenden Stadtrat den Wind aus den Segeln.

Doch dass die Kehler an diesem Samstagvormittag lange auf der faulen Haut liegen, ist eher unwahrscheinlich. Zumindest die Anwohner der Ludwig-Trick-Straße können, in gebührendem Abstand, sogar die Limousinen der Regierungschefs an sich vorbei rollen sehen. Dabei werden sie selbst aber unter Polizeiaufsicht stehen: Man werde im Vorfeld darüber noch mit den betroffenen Anwohnern sprechen, sagte Polizeichef Reinhard Renter, und ihnen nahelegen, "dass Dinge unterlassen werden, die uns veranlassen könnten, etwas zu unternehmen".

Wie die Polizeisprecher deutlich machten, wird es in Kehl während des Besuchs der Regierungschefs fünf Sicherheitszonen geben: Die Zonen 1 und 2 liegen im unmittelbaren Umfeld der Staatsgäste und werden vom Bundeskriminalamt überwacht. Die Polizei aus dem Ortenaukreis kommt bei der so genannten "Roten Zone" ins Spiel: Diese umfasst einen wenige hundert Meter langen Streifen am Rheinufer, in dem sich niemand aufhalten darf, der dort nicht hingehört. Umgeben ist diese von der "orangen Zone", die sich am Rhein entlang im Süden bis kurz vor das Krankenhaus, im Norden bis in den Zollhof und an den Yachthafen heran sowie im Westen über weite Teile der so genannten Insel erstreckt. Hier dürfen die Anwohner sich von Freitagabend bis Samstagvormittag nur in Polizeibegleitung bewegen. Der Rest von Kehl ist der blaue Bereich: Hier darf jeder hin.

Zone 3: Direkt um die Fußgänger/innen- und Fahrradbrücke Passerelle. Hier wird am von 8 Uhr 30 bis maximal 10 Uhr am Samstag morgen der so genannte diplomatische Fußabdruck stattfinden. Direkt südlich der Brücke soll ein temporärer Bau (wahrscheinlich ein Hightech-Zelt) entstehen. Zone 3 ist absolutes Sperrgebiet. Hier kommt niemand rein oder raus.
Zone 4: Wohngebiet Insel samt Bereich um die Europabrücke. Die Bewohner/innen dieser Zone müssen schärfste Kontrollen über sich ergehen lassen. Ab Freitag Nachmittag kann sich hier keine/r unkontrolliert bewegen, außer in seinen eigenen vier Wänden. Jedes Verlassen des Hauses muss bei der Polizei angemeldet werden und wird von Beamten begleitet. Das gleiche gilt für Besuch: Dieser muss angemeldet werden, wird überprüft und (vielleicht) genehmigt. Diese Maßnahmen greifen bis Samstag ca. 10 Uhr. Dann geht die Polizei davon aus, dass der Spuk auf der Brücke vorbei ist. Ab dem 26.2. werden die Bewohner/innen von der Polizei besucht.
Zone 5: Umschließt großflächig die Zone 4. Vom Rheinstadion über das Kehler Krankenhaus entlang des Altrheins, hin zum Bahnhofsparkplatz bis zum Wasserschiffsamt im Hafengebiet. Hier wird flächendeckend kontrolliert.
Zone Grün: Umfasst das gesamte Stadtgebiet Kehl einschließlich Hafen, Sundheim und Niedereich. Die Grenze verläuft grob von Norden her entlang der Kinzig und dann entlang der Ringstraße (B 36). Diese Zone ist unterteilt in Unterzonen (RZ 1-5).
Der Rhein wird von 6 bis 10 Uhr morgens gesperrt sein. Die Europabrücke während der Anreise und Abreise der Gipfel-Typen zum Foto-Shooting.
(11, siehe auch mit Karten: 12)

Der Zugang zu Rathaus, Stadthalle, Polizei und Krankenhaus soll ungehindert möglich sein. Das gilt auch für das nahe am Rhein liegende Finanzamt. Doch hier, so beruhigte Petry, werde es schon aus zeitlichen Gründen keine Probleme geben. Die Behörde schließt sowieso am Freitagmittag. (13)

Kritik am Polizeikonzept

Nach der Vorstellung des Zonen-Plans für Kehl, gab es im Landtag BaWü scharfe Kritik an den für den NATO-Gipfel Anfang April vorgesehenen Sicherheitsvorkehrungen. Der Polizeistaat rund um den Gipfel nehme "absurde Züge an", sagte der innenpolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Uli Sckerl laut SWR. (14) Es sei schwer nachvollziehbar, dass wegen eines kurzen Foto-Termins auf der Kehler Europabrücke für einige hundert Anwohner mindestens 20 Stunden lang eine Art Ausgangssperre verhängt werde. "Das nennt man gemeinhin Sippenhaft, so als ob sich unter den untadeligen Kehler Bürgern der gefürchtete Terrorist verbirgt", kritisierte Sckerl gestern.

Auch der SPD-Abgeordnete Reinhold Gall hält die Vorschrift zum "Hausarrest" in Kehl für unverhältnismäßig. "Das ist unnötig, zumal ich davon ausgehe, dass diese Einwohner auch sicherheitstechnisch überprüft wurden", sagte der Polizeisprecher der Fraktion. Die US-Behörden hätten es geschafft, Präsident Barack Obama bei seiner Amtseinsetzung inmitten von einer Million Menschen zu schützen. "Dann muss das ja wohl auch unter 700 Einwohnern in Kehl möglich sein." Es sei zudem nicht akzeptabel, dass Bürgerrechte allein wegen eines Fototermins für die Gipfelteilnehmer eingeschränkt würden. Das Konzept müsse überarbeitet werden.

Der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech (CDU) wies die Kritik der Opposition zurück. Es gehe beim NATO-Gipfel einzig und allein um den Schutz und die Sicherheit der Staatsgäste sowie der Bevölkerung. Es könne hier weder von "Sippenhaft" noch von einer "Inszenierung eines perfekten Polizeistaats" die Rede sein. Die Polizei sei eine Bürgerpolizei, die sich als Teil der Bevölkerung verstehe, sagte Rech. (15)

Baden-Baden wird zur Festung

Baden-Baden = Hochsicherheitstrakt. Diesen Vergleich stellen die Stuttgarter Nachrichten her .(30) Die Kernstadt ist in mehrere Sicherheitszonen unterteilt. Polizeisprecher Schmid teilte mit: „In Zone 1 gelten die höchsten Sicherheitsbestimmungen, ab Zone 4 gibt es keine unkontrollierten Bewegungen“.
Bekannt ist bisher, dass die Bewohner unmittelbar um das Baden-Badener Kurhaus herum sich nur mit einem speziellen Ausweis in ihre Wohnungen kommen und dass angeblich fünf räumlich und zeitlich abgestufte Sicherheitszonen eingerichtet werden sollen. Wehrhafte Zäune wie in Heiligendamm soll es nicht geben. Weiter unklar ist, wo Präsident Barack Obama während des NATO-Gipfels nächtigt. Einiges deutet daraufhin, dass er möglicherweise nun doch nicht in Baden-Baden oder auf der Bühlerhöhe, sondern in Straßburg im Hotel Hilton übernachtet. (16)

Baden-Baden mit seinen gut 54.000 Einwohnern wird am Gipfeltag in eine Festung verwandelt. Mit Bürgerversammlungen und einem Infotelefon wollen Polizei und Stadtverwaltung die betroffenen Bürger über die Einschränkungen informieren. Rund um das Kurhaus wohnen mehrere hundert Leute. Sie müssen sich spezielle Ausweise ausstellen lassen, um in ihre Wohnungen kommen zu können. Für die meisten Schüler fällt der Unterricht aus, nur die Abiturienten müssen zu ihrer Reifeprüfung antreten. Falls ihre Schule in der Innenstadt liegt, findet die Prüfung in einem anderen Gebäude statt. Betroffen sind rund 100 Abiturienten, die ihre Prüfung in den Fächern Latein, Spanisch, Italienisch und Griechisch ablegen müssen. (17)

Straßensperrungen in Baden-Baden

Pendler und Anwohner in Baden-Baden müssen mit erheblichen Behinderungen rechnen. Der Straßenverkehr werde stark eingeschränkt sein, sagten Vertreter der Polizei und Baden-Badens Oberbürgermeister Wolfgang Gerstner (CDU). So solle beispielsweise die B 500 im Innenstadtbereich gesperrt werden. Auf dieser Hauptverkehrsader sind den Angaben zufolge täglich 45 000 Fahrzeuge unterwegs.
Rund um den Veranstaltungsort werden fünf verschiedene Sicherheitszonen eingerichtet. Mehr als 14 000 Polizisten sichern den Bereich. Dennoch solle die Bewegungsfreiheit der Bürger „soweit wie möglich gewährleistet sein“, sagte Gerstner. Doch aus Gründen der Sicherheit würden sie dennoch auf einige Freiheiten verzichten müssen.
So sollen zwar die Geschäfte am Samstag geöffnet sein. Aber um mögliche „gewalttätige Störer“ so gut wie möglich auf Distanz zum Veranstaltungsort zu halten, sperrt die Polizei das Wohngebiet rund um das Kurhaus schon am Donnerstag, ein Tag vor Gipfelbeginn, ab. Wie Kurt Wintermantel von der Polizeidirektion Raststatt sagte, wird dieser Bereich, in dem etwa 250 Personen leben und in dem sich außerdem Arztpraxen, Geschäfte und Kneipen befinden, streng von der Polizei kontrolliert: „Wir wollen wissen, wer sich in diesem Bereich aufhält.“ Anwohner, die das Haus verlassen wollen, müssen dies der Polizei melden, so dass sie auf ihrem Weg von einem Beamten permanent begleitet werden können.
Da sämtliche Zufahrtswege nach Baden-Baden gesperrt sein werden, ist bisher noch unklar, wie die zahlreichen Pendler aus der Umgebung zu ihren Arbeitsplätzen gelangen können. Um den Individualverkehr so gut wie möglich zu ersetzen, sollen Linienbusse verstärkt genutzt werden. (18)
Zufahrtsstraßen werden gesperrt, Tiefgaragen dicht gemacht, die Busse fahren nur eingeschränkt, Parkplätze werden geräumt, der komplette Luftraum über Mittelbaden wird gesperrt. "Wenn Sie sicher sein wollen, dass Sie pünktlich zur Arbeit kommen, nehmen Sie lieber das Fahrrad", sagt ein Polizeivertreter schmunzelnd einer Bürgerin, die nachfragt, ob sie an jenem Tag überhaupt ins Büro am anderen Ende der Stadt kommt.

So bereitet sich die Stadt mit einer Mischung aus Skepsis und Vorfreude auf das Ereignis vor. "Es soll ein friedlicher Gipfel werden, der das Image Baden-Badens als weltoffene Stadt pflegt", hofft Bürgermeister Werner Hirth. Doch so sehr Politik und Polizei den 50 Millionen Euro teuren Gipfel auch verteidigen, manchen Bürgern bleibt ein ungutes Gefühl. Erst dieser Tage, so erzählt ein Baden-Badener Apotheker, habe ihn das Regierungspräsidium Karlsruhe aufgefordert, seinen Vorrat an Tropfen zur Behandlung geschwollener Augen aufzustocken. Der Grund? Er müsse für den Fall eines Tränengaseinsatzes gewappnet sein. (19)

Eine Karte mit den Sperrzonen in Baden-Baden hat der SWR veröffentlicht. (20)

Kritik an den Sperrzonen

Die strengen Sicherheitskonzepte während des Nato-Gipfels Anfang April in Baden-Baden stoßen jetzt auch bei Juristen auf Kritik. Die geplanten Sperrzonen und Auflagen schränkten die Freiheit der Einwohner unter Umständen zu stark ein, gab der Rechtshistoriker Uwe Wesel von der FU Berlin gegenüber dem Südwestrundfunk zu bedenken. Es sei nicht verfassungsgemäß, wenn Menschen ihre Grundstücke nur unter Polizeischutz verlassen dürften. Nach derzeitigem Plan sollen bis zu 14 600 Polizisten die Sicherheit von 3500 Gipfelteilnehmern und Tausenden Journalisten garantieren.

Wesel nannte es unverantwortlich, einen solchen Gipfel in kleinen Städten wie Straßburg, Kehl oder Baden-Baden zu veranstalten. "Die Behinderungen sind zu groß für die Bürger." Tagungen wie diese müssten in Gegenden verlegt werden, die leichter zu sichern sei. "Da liegt die Fehlentscheidung", sagte der Rechtsexperte. (21)

Lahr: „Maßvolle“ Einschränkungen

Auf dem Flugplatz sind östlich und südlich des Flugbetriebsbereiches insgesamt 18 Firmen mit etwa 150 Mitarbeitern innerhalb der Sicherheitszone 4 betroffen. Hier dürfen keine privaten Fahrzeuge verkehren. Polizeirat Volker Stier: "Es sind keine Firmenschließungen notwendig und es wird voraussichtlich keine Vollsperrung der A 5 geben".
Der Lahrer Flughafen wird von den Staats- und Regierungschefs angeflogen, wobei offen ist, wer und in welcher Zahl hierher kommt. Als bevorzugtes Transportmittel nach Baden-Baden gilt dann der Hubschrauber, Autos sind möglich. Derzeitiger Kenntnisstand ist, dass es keine Vollsperrung der A 5 oder der Nebenstrecken geben wird. Verkehrsbehinderungen sind allerdings möglich.
Auf dem Flugplatz wird es zwei Sicherheitszonen geben, wobei die äußere Begrenzung das Flugplatzgelände ist. Zufahrten sind auf den drei Haupterschließungsstraßen möglich. Ohne Einschränkungen arbeiten können die Firmen auf der Westseite des Flugplatzes, auch wenn bei der Tankstelle Günther eine Kontrollstelle eingerichtet wird, an der selektiv kontrolliert wird. Allerdings ist bei der Abfahrt der Gäste oder Ankunft per Auto mit Behinderungen zu rechnen.

Einschränkungen gibt es in der Zone 4: Diese wird im Westen, Norden und Süden durch den Zaun des Flugbetriebsgeländes bestimmt. Südlich der Europastraße sind drei Handwerksbetriebe betroffen. Die Fritz-Rinderspacher-Straße wird auf der Höhe des Universal DOG nach Norden hin gesperrt, hier gibt es so genannte Durchlasssperren. In diesem Bereich befinden sich dann noch 15 Firmen, mit denen die Polizei Einzelgespräche führen wird, welche Notwendigkeiten bestehen. In der Sicherheitszone 4 gibt es keinen zivilen Fahrzeugverkehr mehr. Auf Grund von Personallisten wird die Polizei beim Zutritt Personalausweise kontrollieren. Nicht angemeldete Personen (Besucher, Lieferanten, Handwerker) erhalten eine polizeiliche Begleitung zur gewünschten Firma. Auch für Paketdienste ist hier Schluss. Firmen, die Pakete erwarten, müssen sich diese selber holen.

Die "heiße Phase" in Sachen Sicherheit beginnt am späten Donnerstag, 2. April, die Sicherheitszonen werden aktiviert. Die gelten dann bis Samstagabend. Am Freitag, 3.April, werden die Staatsgäste zwischen 13 und 17 Uhr auf dem Flugplatz erwartet und protokollarisch vom jeweils eigenen Botschafter begrüßt. Der zeitliche Abreisekorridor ist am Samstag zwischen 13 und 18 Uhr. Wobei auf Grund der Nähe zu Straßburg möglicherweise mehr Gäste von Lahr aus abfliegen als hier ankommen.
Flugverkehr: Der Flughafen Lahr ist vom 1. bis 5. April von der Betriebspflicht befreit, das heißt, es werden nur selektiv Einzelflüge auf vorherige Anfrage hin abgewickelt. Im Radius von 50 Kilometer um Baden-Baden und Straßburg gilt ein Flugverbot bis zu einer Höhe von sechs Kilometern (Sichtflug verboten). (22)

Polizeiakademie Freiburg wird zur Befehlsstelle

Seit Mitte Dezember steht der Lehrbetrieb der baden-württembergischen Polizeiakademie still. Während des Nato-Gipfels wird hier der gesamte Polizeieinsatz koordiniert. Dass in der Akademie an der Lörracher Straße demnächst Wichtiges vor sich gehen wird, zeigt auch der imposante neue Gitterzaun um das gesamte Areal. Auf diesen 960 Meter langen Zaun und dahinter sind zusätzlich messerscharfe Nato-Drahtrollen montiert worden. Teilweise wird das Gelände nach außen auch durch Sichtschutzwände abgeschirmt. So kann kein Passant entlang der Lörracher Straße sehen, wer die 800 Quadratmeter große Sporthalle der Akademie betritt. Sie ist das Herz der Befehlsstelle. Dort werden Südbadens Polizeipräsident Bernhard Rotzinger und sein Stab den gesamten Polizeieinsatz während des Nato-Gipfels leiten.
In der Mitte der Halle steht bereits der Arbeitsplatz von Rotzinger, rechts daneben der seines Stellvertreters Detlef Werner, in einem Halbkreis davor die Schreibtische von rund 80 Polizisten. Die große Fensterfront ist mit grauen Vorhängen zugehängt. Davor werden drei Leinwände mit jeweils sechs Quadratmetern Fläche aufgestellt. Auf ihnen bekommt Einsatzchef Rotzinger mit seinem Stab eine Auswahl von dem zu sehen, was im Einsatzgebiet gerade passiert. Die Übertragung der Bilder sei technisch eine der härtesten Nüsse gewesen, die es zu knacken galt, sagt Kriminalhauptkommissar Roland Herzberger. Er ist der dafür zuständig, dass die Akademie technisch und baulich gipfeltauglich ist. Am Donnerstag wurden in der Halle die ersten 40 von 80 Computern installiert. Insgesamt werden für den Nato-Gipfel 500 Telefone, 450 Computer und 80 bis 100 Beamer in der Akademie benötigt, rechnet Herzberger vor. Dass die oberste Einsatzleitung weit weg von den Gipfel-Schauplätzen ist, sei angesichts der Kommunikationstechnik kein Problem: "Es ist egal, ob der Planungsstab 50, 100 oder ein Kilometer entfernt ist."
Da die Stromversorgung "nur" auf den gewöhnlichen Akademiebetrieb ausgerichtet ist, mussten dickere Leitungen verlegt werden. Zwei Generatoren sorgen dafür, dass bei einem Stromausfall die Monitore nicht schwarz werden.

Was das alles kostet, kann das Innenministerium noch nicht sagen; von einem siebenstelligen Betrag ist wohl aber auszugehen. Insgesamt werden an den Gipfeltagen in der Akademie mehr als 400 Polizisten in Schichten arbeiten. In der letzten Märzwoche beginnt für die Befehlsstelle die heiße Phase, dann wird es voll in den Akademiegebäuden. (23)

Wirksameres Pfefferspray

Mit einem wirksameren Pfefferspray sollen sich Polizisten in Baden-Württemberg künftig besser vor der zunehmenden Gewalt schützen können. Das Reizstoffspray, das eine größere Kapazität und Reichweite habe, werde landesweit eingesetzt, wie Innenminister Heribert Rech (CDU) am Sonntag in Stuttgart mitteilte.
Für die erste Grundausstattung wurden rund 2300 Geräte beschafft. Mit ihrem gebündelten Sprühstrahl und einer Reichweite von rund sieben Metern seien sie besonders für den Einsatz gegen gewalttätige Gruppen geeignet. Zusätzlich sollen im Frühjahr neue Einsatzstöcke angeschafft werden.
„Aggression und Gewalt gegen die Polizei nehmen zu“, sagte Rech in der Mitteilung. In 2176 Fällen wurde 2008 im Südwesten Widerstand gegen Polizisten geleistet. Immer häufiger würden sie dabei verletzt.


Finanzausschuss billigt knapp 30 Millionen Euro für NATO-Gipfel

Für Vorsorge- und Sicherheitsmaßnahmen beim NATO-Gipfel Anfang April in Baden-Baden und Straßburg hat der Finanzausschuss des baden-württembergischen Landtags fast 30 Millionen Euro bewilligt. Das Geld soll aus dem Etat des Finanzministeriums kommen. Zudem räumte der Ausschuss dem Ministerium eine Sondererlaubnis ein. Für den Fall, dass bislang nicht absehbare Mehrausgaben entstehen, darf das Ministerium die erforderlichen Mittel auch über die gesetzliche Höchstgrenze von fünf Millionen Euro hinaus bewilligen.
Die Gesamthöhe der erwarteten Kosten für den NATO-Gipfel bezifferte der Ausschussvorsitzende auf rund 55 Millionen Euro. Noch unklar sei, inwiefern sich der Bund und die anderen Bundesländer an diesen Kosten beteiligten. (24)


Bürgerbüros in Baden-Baden und Kehl informieren rund um NATO-Gipfel

Gemeinsam betreiben Stadt und Polizei das Bürgerbüro in Kehl. Zwei Polizeibeamte und eine städtische Mitarbeiterin stehen Montags bis Samstags jeweils von 9 bis 18 Uhr 30 in dem Bürgerbüro bereit. (Telefonnummer 0800 77 694 00 (kostenfrei)) Das Büro eröffnete am Aschermittwoch im Weinbrennerhaus in der Hauptstraße 22. Am 11. März findet außerdem ein großer Infoabend in der Kehler Stadthalle statt.

In Baden-Baden informieren ein Polizist und eine Mitarbeiterin aus dem Rathaus. Das dortige Bürgerbüro befindet sich im Rathaus und montags bis mittwochs von 10.30 bis 16.00 Uhr sowie donnerstags von 10.00 bis 17.30 Uhr und freitags von 10.30 bis 14.00 Uhr geöffnet. Ein Bürgerabend mit Informationen ist in Baden-Baden für den 2. März geplant. Baden-Badener erhalten bei einem gebührenpflichtigen Informationstelefon Antworten auf ihre Fragen: 01805/628609. Zudem soll es eine spezielle Informationsveranstaltung für Unternehmer, Gastronome und Hoteliers der Stadt geben. (25) Unter werde in den nächsten Tagen ein spezieller Internet-Auftritt angeboten.

Gegner des Nato-Gipfels beziehen Büro in Offenburg

Das Büro befindet sich im Erdgeschoss des Hauses im Tannweg 20. Dort können sich alle über Aktionen der Gegner des Nato-Jubiläumstreffens am 3. und 4. April in Straßburg, Kehl und Baden-Baden informieren. Dort liegen nicht nur zahlreiche Broschüren und Flugblätter zum bevorstehenden Gipfel-Protest aus, sondern gibt es auch viele Informationen dazu, warum 60 Jahre Nato "kein Grund zum Feiern sind, sondern ein Grund gewaltfrei Widerstand zu leisten".
Selbst in Kehl waren bereits Räume gefunden, doch der Vermieter zog nach der Schlüsselübergabe wieder zurück. So wurde letztlich Offenburg zum "Hauptquartier" der Gipfel-Gegner.
Dass die geplanten Camps der Gipfel-Gegner von Polizei-Einsatzleiter Bernhard Rotzinger kürzlich in Baden-Baden in einem Atemzug mit dem Hinweis auf terroristische Gefährdungen genannt wurden, sei "ein Zungenschlag, der völlig unzulässig ist." Schließlich gebe es das Recht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit. Den Hinweis, dass jeder Demonstrant in Kehl mit Kontrollen zu rechnen habe, verstehe man als Drohung. Dies käme einem Schließen der Grenze gleich – und das "in einem Europa, das die Grenzen abgeschafft hat." Nach Erfahrungen aus Heiligendamm wirft Schädel der Polizei auch vor, mit falschen Zahlen über Festnahmen zu operieren, um so die immense Zahl der Einsatzkräfte zu rechtfertigen.

Bereits am 1. April sollen die Camps eröffnet werden. Laut Schädel wird es zwischen 28. März und 4. April "rund um den Erdball" Aktionen geben. In Straßburg werden die Camps ab 1. April eröffnet. In Kehl plant die DFG-VK eine Infostelle am Bahnhof. Am 4.April wird der traditionelle baden-württembergische Ostermarsch von Kehl über die Rheinbrücke nach Straßburg zur großen Anti-Nato-Kundgebung führen. Auch ein Sonderzug aus Nordrhein-Westfalen mit 1000 Demonstranten wird erwartet. Weil in Kehl eine Sammelstelle für festgenommene Demonstranten eingerichtet werden soll, hat Schädel dort vorsorglich bereits Demonstrationen für den 4. und 5. April ordnungsgemäß angemeldet: "Wir wollen gegebenenfalls fordern können: ’Gebt die Gefangenen frei.’" (26)

Sarkozy streitet über Sitzordnung

Wer mit wem sitzt beim NATO-Gipfel, ist offenbar von nicht geringer Bedeutung. Er werde den Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen des Nordatlantik-Bündnisses in Baden-Baden, Kehl und Straßburg fernbleiben, wenn er nicht unmittelbar neben NATO- Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sitzen dürfe, habe Sarkozy in Brüssel ausrichten lassen. Bislang sei es bei NATO-Gipfeln üblich gewesen, dass sich die Staats- und Regierungschefs in der Reihenfolge des Alphabets um den Tisch gruppieren. Sarkozys Drohung führte zu einem Kompromiss: der französische Präsident darf solange neben dem NATO-Generalsekretär sitzen wie Fernsehkameras im Raum sind. Wenn die Staats- und Regierungschefs der 26 Mitgliedsländer sich dann zu vertraulichen Beratungen zurückziehen, beginnt ein Stühlerücken.

Hinter verschlossenen Türen müssen Sarkozy und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel umziehen, und die NATO-Führer nehmen in gewohnter Abfolge Platz: De Hoop Scheffer wird dann auf einer Seite vom Sekretär des NATO-Rats, einem Diplomaten, flankiert. Zu seiner anderen Seite sitzt der stellvertretende Generalsekretär, gefolgt von US-Präsident Barack Obama. (27)

Frankreich: Vertrauensvotum wegen NATO-Rückkehr

In Frankreich haben die oppositionellen Sozialisten ihren Widerstand gegen die geplante vollständige Rückkehr in die NATO erhöht. Der sozialistische Fraktionschef Jean-Marc Ayrault forderte die Regierung am Donnerstag auf, darüber ein Vertrauensvotum anzusetzen. Die NATO versicherte, die Rückkehr bedeute keinerlei Einschränkung von Frankreichs Souveränität. Auch auf Seiten der parlamentarischen Linken hat man nichts grundsätzlich gegen Atomwaffen, auch nichts gegen Frankreichs nuklearer Erstschlagsdoktrin auch gegen Staaten, die nicht über Atomwaffen verfügen. Sorgen macht man sich vor allem, dass Frankreich seinen nationalen Drücker an den Atomsprengköpfen teilen müsste.

Die von Präsident Nicolas Sarkozy angekündigte NATO-Rückkehr stößt in Frankreich nicht nur bei der linken Opposition auf Ablehnung, sondern auch vereinzelt bei Abgeordneten der Regierungsmehrheit sowie der extremen Rechten. NATO-Generalsekretär Jaap De Hoop Scheffer sagte bei einem Besuch in Paris, durch die Wiedereingliederung in die Militärstrukturen der NATO werde Frankreich nichts von seiner Entscheidungsfreiheit einbüßen. Zudem werde es danach „sehr wichtige Posten“ im Bündnis besetzen.

Geplant ist die Rückkehr zum NATO-Gipfel Anfang April anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Allianz. Sarkozy macht dies aber von Fortschritten bei der Stärkung der EU-Verteidigung abhängig. Frankreich ist zwar von Beginn an Mitglied der 1949 gegründeten NATO, zog sich aber nach dem Aufstieg zur Atommacht 1966 unter Präsident Charles de Gaulle aus der militärischen Integration zurück. Erst seit 1996 sitzt Frankreich wieder im NATO-Militärausschuss.

Bis heute ist Paris aber weder im Verteidigungsplanungsausschuss noch in der Nuklearen Planungsgruppe (NPG) vertreten. Es kann damit zwar ohne Konsultation weiter über seine Atomstreitkraft bestimmen, politisch hat es aber im Bündnis nicht den gleichen Einfluss wie Vollmitglieder. Laut Diplomaten hat Paris bereits die Zusage erhalten, die Führung des NATO-Hauptquartiers zur Reform der Allianz in Norfolk im US-Bundesstaat Virginia zu übernehmen. Zudem soll Frankreich das Regionalkommando in Lissabon übertragen bekommen. (28)

500 Millionen Euro der Konjunkturhilfe für Rüstungsausgaben

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigte, dass das Geld unter anderem „für Maschinengewehre, Militärfahrzeuge und Unterwasser-Minensuchgerät" ausgegeben werden soll. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hatte Ende Februar mitgeteilt, dass allein für Baumaßnahmen in Liegenschaften der Bundeswehr ein Betrag von über 250 Millionen Euro vorgesehen sei. Es gehe um "Grundsanierungen und energetische Sanierungen von Gebäuden" sowie um die "Attraktivitätssteigerung der Standorte der Bundeswehr". Jung betonte, mit den Ausgaben der Bundeswehr würden "kleine und mittelständische Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten" unterstützt und somit Arbeitsplätze in Deutschland gesichert. "Die Bundeswehr ist einer der wichtigsten Auftraggeber für die deutsche Wirtschaft", sagte Jung.
Für Aufregung sorgt aber die Tatsache, dass rund 250 Millionen Euro aus dem 50 Milliarden Euro umfassenden Konjunkturpaket für die Beschaffung von Waffen und Kriegsgerät ausgegeben werden sollen. Eine vorläufige Einkaufsliste des Verteidigungsministeriums umfasse 1000 Maschinenpistolen der baden-württembergischen Waffenschmiede Heckler & Koch für drei Millionen Euro, 34 "Dingo II"-Patrouillenfahrzeuge für 24,4 Millionen Euro, zehn bewaffnete Fennek-Spähwagen für 35 Millionen Euro sowie fünf Seafox-Unterwasserdrohnen zur Minenbekämpfung für 34 Millionen Euro.
Das Verteidigungsministerium betonte, all die geplanten Anschaffungen würden angesichts der zahlreichen Einsätze der Bundeswehr dringend benötigt. (29)

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