Die "demographische Katastrophe": Ein ewig währender Untergang
"Es ging und geht immer um die Angst der Mittelschicht vor dem Abstieg. Der gesamte demographische Diskurs ist ein bürgerliches Phänomen. Mit der wachsenden politischen Bedeutung der Unterschichten und der zunehmenden Globalisierung sah sich um 1900 eine Schicht unter die Räder kommen, die erst seit wenigen Jahrzehnten das politische Leben prägte.
Heute kommt die Angst vor Hartz IV und Globalisierung hinzu - die Welt verändert sich immer rasanter. Eigentlich attraktive, nämlich bürgerliche Lebensmuster werden immer unsicherer, da werden Erklärungen gesucht. Und da die demographische Frage seit langem so etabliert und die Matrix des Sprechens so stabil ist, bietet sich dieses Thema zur Erklärung so gut an: Es ist prägnant, macht Angst, läßt sich auf immer neue Bevölkerungsgruppen anwenden und überzeugt über alle politischen Lagergrenzen hinweg - jedenfalls die, die sich überzeugen lassen wollen. Denn Kritik an diesem Denken gibt es ebenfalls seit 100 Jahren. Sie hat sich nur nicht öffentlichkeitswirksam durchsetzen können."
Thomas Etzemüller im Interview mit dem Tagesspiel am 30.08.2010
Thomas Etzemüller ist Professor für neuere und neueste Geschichte an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. 2007 erschien sein Buch: Ein ewig währender Untergang. Der apokalyptische Bevölkerungsdiskurs im 20. Jahrhundert. Transcript, Bielefeld.
[ HOCH ] -
"Wer Folter befürwortet, foltert mit!" Deswegen: Folterbefürworter müssen öffentlich benannt und kenntlich gemacht werden.
gehe zu: Denn sie wissen, was sie tun