Athen: Handgranatenanschlag auf linkes Zentrum
(so oder so) Wie wir von unserem Genoss/innen vom Dyktio (Netzwerk für Politische und Soziale Rechte) erfuhren, wurde am gestrigen Abend (24.02.09) gegen 22.05 Uhr auf das Haus, in dem sich das Steki Metanaston ("Kneipe der Migranten") und ihre Büros in der Tsamandou-Str. in Athen befinden, ein Handgranatenanschlag verübt. Zur Zeit des Anschlages fand eine Diskussion der Gruppe der Kriegsdienstverweigerer statt und es tagte der Koordinationsausschuss des Netzwerks. Durch glückliche Umstände wurde niemand verletzt und es entstand lediglich Sachschaden. Auch Nachbargebäude sind betroffen.
Hinweise auf die Täter gibt es bislang nicht. Das Dyktio hält es für wahrscheinlich, dass die Tat von Faschisten verübt wurde. Am 25.02.09 fand dazu eine Pressekonferenz statt. Bericht und Presseerklärung hier
Athen: Handgranatenanschlag auf linkes Zentrum
Betroffen sind das Steki Metanaston ("Kneipe der Migranten")und die Büros des Netzwerks für Politische und Soziale Rechte (Dyktio)
Gestern, 24.02.09, 22.05 Uhr, wurde auf das Steki Metanaston ("Kneipe der Migranten") in der Tsamandou-Str. in Athen ein Handgranatenanschlag verübt. Das Steki liegt im Hochparterre. In dem Gebäude befinden sich auch die Büros des Netzwerks für Polit. und Soziale Rechte. Im Steki tagen verschiedene Gruppen der Radikalen Linken sowie Verbände der Schwulen und Lesben Athens. Gestern Abend fand dort eine Diskussion der Gruppe der Kriegsdienstverweigerer statt. Gleichzeitig tagte der Koordinationsausschuss des Netzwerks.
Um 22.05 Uhr hörten wir von der Straße her den Knall einer starken Explosion. Nachdem wir zunächst annahmen, daß jemand eine Gasbrenner-Explosion ausgelöst habe (wie sie häufig in Athen vorkommen), mußten wir auf der Straße feststellen, daß es keine Überreste eines solchen Brenners gab. Vielmehr fanden sich Reste einer Handgranate ("Verteidigungs-Handgranate").
Teilnehmer der Diskussion der Kriegsdienstverweigerer, die sich in dem zur Straße gelegenen Hauptraum des Steki befanden, hatten einen Schlag gegen eine Scheibe gehört. Unmittelbar danach ereignete sich die Explosion. Wir stellten fest, daß die betreffende Scheibe zerbrochen war. Jedoch verhinderte offenbar die Plastikfolie, die von innen gegen die Scheibe geklebt war, daß die Handgranate in das Steki flog. Stattdessen prallte sie von der Folie ab, fiel auf das Vordach des Souterrains und von dort in das mit Beton eingefriedete Beet, in dem sich ein Baum befindet. Direkt neben dem Baum explodierte die Handgranate, wobei sie einen Krater hinterließ.
Die Explosion war so stark, daß verschiedene Scheiben im Gebäude des Steki, alle Scheiben der genau gegenüber liegenden Kneipe "Athinaion" sowie die Scheiben des Eingangs des schräg gegenüberliegenden Mehrfamilienhauses brachen. In einigen Scheiben des Athinaions fanden sich kleine Einschlagslöcher, wie sie typisch für die Splitter von Handgranaten sind.
Wir sind alle einigermaßen erschüttert über den Vorfall. Hätte die Plastikfolie nicht gehalten, wäre die Handgranate ins Steki geflogen und wir hätten jetzt möglicherweise Tote, sicher aber Verletzte zu beklagen.
Es gibt bislang keine Hinweise auf mögliche Täter. Das Wahrscheinlichste ist ein Angriff von Faschisten, der sich gegen das Steki Metanaston richtete.
Das als erste Information. Heute Mittag findet dazu eine Pressekonferenz statt.
Pressekonferenz des Netzwerks für Politische und Soziale Rechte, Athen, am 25.02.09, 13 Uhr
Die waffentechnischen Untersuchungen bzw. die Untersuchungen der Polizei am Tatort haben ergeben, daß es sich bei der Handgranate um eine sog. "Verteidigungs-Hand granate" ("Verteidigungs-Handgranaten" haben eine höhere Sprengkraft als "Angriffs-Handgranaten") sowjetischer (nicht russischer) Bauart handelte. Die Handgranate war gegen das Fenster des Steki geworfen worden, prallte ab und landete auf dem Beet, wo sie explodierte.
Zeugenaussagen haben folgendes ergeben: Es handelte sich nicht um einen Einzeltäter. Derjenige, der die Granate geworfen hatte, entfernte sich schnellen Schritts, wobei er von Anwohnern gesehen wurde. Genossen, die unmittelbar nach der Explosion die Verfolgung aufgenommen hatten, wurde der Wagen bezeichnet, in den der Täter eingestiegen war. In dem Wagen befanden sich noch andere Personen, wahrscheinlich zwei. Einer der verfolgenden Genossen näherte sich dem Fahrzeug, bevor es losfuhr, bis auf etwa 5 Meter, hielt dann aber inne, da er – sicher zu Recht – Waffengebrauch befürchtete. Er notierte sich Wagentyp und Kennzeichen.
Die Polizei erklärte später, daß dieses Kennzeichen nicht zugeteilt worden sei. (Dafür kann es verschiedene Erklärungen geben. Die nächstliegende wäre, daß es einfach gefälscht worden ist. Eine andere wäre, daß das Kennzeichen eines derjenigen ist, über die die Polizei selbst oder die Geheimdienste verfügen.) Der Wagen selbst – es handelt sich um einen dunkelblauen Renault Megane – konnte bisher ebenfalls nicht zugeord net werden.
Die Pressekonferenz war sehr gut besucht. Außer den Medien waren Vertreter von über 20 Parteien und Organisationen anwesend. Auch drei Abgeordnete und der Partei vor sitzende von SYRIZA hatten sich eingefunden.
Alle Anwesenden waren sich darin einig, daß es sich um einen Mordversuch und nicht nur um einen Einschüchterungsversuch handelte. Wer nun genau Ziel des Angriffs war, ist nicht entscheidend. Es könnte eine Vielzahl von Gründen gewesen sein, die die An greifer das "Steki" (die "Kneipe der Migranten") auswählen ließen. Erstens ist es, wie der Name schon sagt, ein Treffpunkt von Migranten und einer Vielzahl von Organisa tionen und Zusammenschlüssen, die sich mit Migranten-Fragen auseinandersetzen.
Zweitens ist dort das Netzwerk für Politische und Soziale Rechte zuhause. Das Netz werk dürfte sich in den Augen faschistischer und parastaatlicher Kreise dadurch für einen Angriff prädestiniert haben, daß es sehr klar antinationalistisch – z. B. in der Mazedonien-Frage – und gegen jede Terrorhysterie – v. a. im Rahmen der Hetze gegen die bewaffnete Organisation "17. November" – Stellung bezogen hat (wobei es in bei den Fällen jeweils ziemlich allein stand und steht; jedenfalls zeigen Meinungsumfragen, daß 90 % der Bevölkerung anderer Meinung sind).
Und schließlich tagen dort verschiedene Gruppen, denen faschistische und parastaat liche Kreise deshalb nicht wohl gesonnen sein dürften, weil die Mitglieder kaum dem Bild des "guten Staatsbürgers" entsprechen dürften. Dazu gehören sowohl die Anti nationalische und Antikriegs-Initiative, die Vereinigung der Kriegsdienstverweigerer und die Verbände der Schwulen und Lesben.
Hier die Presseerklärung des Netzwerks für Politische und Soziale Rechte:
Mordanschlag mit Handgranate auf die Kneipe der Migranten
Gestern Abend, 24.02.09, um 22.05 warfen "Unbekannte" eine Handgranate auf die Kneipe der Migranten, die sich in der Tsamandou-Straße in Exarcheia befindet. (Im selben Gebäude sind auch die Büros des Netzwerks für Politische und Soziale Rechte untergebracht.) Zu dieser Stunde war die Kneipe voll von Leuten, zumal die Vereinigung der Kriegsdienstverweigerer eine offene Veranstaltung durchführte und der Koordinationsausschuss unserer Organisation tagte. Nur durch Zufall hatte der Angriff keine Opfer zur Folge, weil die Handgranate nicht die Doppelverglasung des Fensters brechen konnte, sondern abprallte und schließlich in dem Beet, das sich vor dem Gebäude befindet, explodierte.
Der gestrige faschistische parastaatliche Mordanschlag ordnet sich ein in den all gemeinen Versuch des Gegenangriffs des Systems nach der Erhebung im Dezem ber. Die ganze letzte Zeit beobachten wir eine Intensivierung von staatlicher und halb staatlicher Gewalt sowie die Ausbreitung einer Hetzkampagne. ("Die Radikale Linke ist verantwortlich für die Gewalt.") Die "Unbekannten", die die Handgranate warfen, wenden sich nicht nur gegen uns, sondern insgesamt gegen die in grund sätzlichem Widerspruch stehende Bewegung, gegen alle, die sich im Dezember er hoben, gegen alle, die sich praktisch der Diktatur der Märkte und der "Demokra tie" des Gummiknüppels verweigern.
Wahrscheinlich ist es überflüssig zu sagen, daß wir keinen Schritt zurück machen werden; wahrscheinlich ist es überflüssig zu erklären, daß der Schattenstaat die Antwort erhalten wird, die ihm gebührt.
Athen, 25. Februar 2009
Netzwerk für Politische und Soziale Rechte
[ HOCH ] -
"Wer Folter befürwortet, foltert mit!" Deswegen: Folterbefürworter müssen öffentlich benannt und kenntlich gemacht werden.
gehe zu: Denn sie wissen, was sie tun