Nach dem Prozess – Statement der “FreeFede”-Kampagne
Der Aktivist Fede saß seit den Blockupy-Protesten am 18. März 2015 in Frankfurt am Main im Knast. Die FreeFede-Kampagne aus England hat nach seiner Verurteilung und Entlassung ein Statement verfasst, das wir nachfolgend dokumentieren.
Während Fede sich gerade für einige Wochen bei seiner Familie in Italien erholt, möchten wir gerne einige Gedanken mit all denen teilen, die Fede unterstützt haben und uns die Kraft gegeben haben, weiter zu kämpfen. Die Unterstützung in den letzten Monaten war überwältigend. Insbesondere bedanken wir uns bei den Gruppen in Deutschland, vor allem bei der Roten Hilfe Frankfurt und der Blockupy AntiRep-AG, die uns und unsere häufig unkoordinierten und kurzfristigen Anfragen geduldig ertragen haben. Auch wollen wir den Menschen an der SOAS und der SOAS Students Union danken, ohne die dies alles nicht möglich gewesen wäre, sowie den Aktivist_innen der National Campaign Against Fees and Cuts (NCAFC), welche die Free Fede-Kampagne zur Priorität bei all Ihren Aktionen innerhalb und außerhalb Englands gemacht haben.
Jetzt ist allerdings auch ein guter Zeitpunkt, um zu reflektieren, was wir aus dieser Situation gelernt haben, nicht nur für uns als junge Aktivist_innen mit unterschiedlichen politischen Hintergründen, sondern auch als Teil einer größeren Bewegung gegen Austerität und für eine Welt ohne Ausbeutung und Armut.
Wir haben in dieser Kampagne auch Fehler gemacht, und wenn wir uns denen nicht stellten, wäre dies ein Bärendienst für uns und andere in vergleichbaren Situationen.
Die Kampagne wurde ursprünglich von den Freund_innen initiiert, mit denen Federico nach Frankfurt gefahren war. Schnell wurde sie zu einer deutlich größeren Kampagne, die bald auch von weiteren Freund_innen, Kommiliton_innen, der SOAS Community und seiner Familie unterstützt wurde. Letztere betonte sehr stark, dass die Kampagne unpolitisch gehalten werden sollte. Obwohl wir wussten, dass die Verhaftung, die Untersuchungshaft und der Prozess politischer Natur waren, entschlossen wir uns, der Familie nicht noch mehr Sorgen zu bereiten, als es der deutsche Staat ohnehin schon tat. Dies führte zu einer großartigen Solidaritätskampagne, der aber leider die politische Analyse fehlte, um effektiv zu sein.
Der Mangel an Kenntnis des deutschen Rechtssystems, sowie Missverständnisse mit verschiedenen beteiligten Seiten führten dazu, dass wir nicht genug darauf drängten, aus unseren jahrelangen Erfahrungen mit staatlicher Repression in England zu lernen. Da wir aufgrund der Untersuchungshaft zudem nur unzureichend mit Federico sprechen konnten, waren wir nicht in der Lage, eine politische Verteidigung vor Gericht zu präsentieren, und wir fokussierten uns so sehr auf seine Freiheit, dass wir uns von staatlichen Drohungen einschüchtern ließen. Der deutsche Staat hat seine ganze Kraft gegen uns genutzt, und wir hätten uns dagegen wehren müssen. Leider verlor die Kampagne aufgrund der Umstände, unserer Naivität und ihres apolitischen Charakters bald Ihre Kraft und führte dazu, dass der deutsche Staat gewann. Anstelle eines gründlichen Verständnisses der staatlichen Repression richtete sich unsere Aufmerksamkeit zunehmend auf Fede’s unmittelbare Freiheit unter allen Umständen; dabei erkannten wir nicht, dass beide inhärent miteinander verbunden sind. Seine Verteidigung richtete sich auf Freiheit, anstelle von Gerechtigkeit, und dies führte zu seiner Verurteilung.
Der Richter und Staatsanwalt behaupteten beide, dass Fede’s Strafe nicht politisch ist, wir fechten diese Behauptung an – seine Haft war politisch, sein Urteil sollte als Abschreckung dienen.
Fede’s Fall zeigt deutlich, dass der einzige Weg für Aktivist_innen in Zukunft ist, die Kooperation mit einem System zu verweigern, in dem alle Chancen gegen uns stehen. Wir hoffen, dass andere Aktivist_innen weltweit aus unseren Fehlern lernen können.
Wir haben sehr viel Zeit damit verbracht, Fede’s Recht und das aller Demonstrant_innen gegen diejenigen zu verteidigen, die versuchen, die Bewegung in gute und schlechte Demonstrant_innen zu spalten. Wir glauben, dass diese Spaltung zwischen gutem und schlechtem Widerstand letztlich dem Staat nutzt, um seine Hegemonie zu erhalten.
Wir sind enttäuscht, dass Fede’s Verteidigung im Prozess auf diese Spaltung setzte, um Ihn zu verteidigen. Wir fühlen uns enttäuscht von denen, die wir auf unserer Seite glaubten. Wir werden diese Seite beibehalten, als Kampagne und Ort der Unterstützung für alle kriminalisierten Aktivist_innen.
[ HOCH ] -
"Wer Folter befürwortet, foltert mit!" Deswegen: Folterbefürworter müssen öffentlich benannt und kenntlich gemacht werden.
gehe zu: Denn sie wissen, was sie tun