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Dienstag, 19.03.2024

Lagerwelten


Die Verlagerung der Welt - Eine Libertad!-Ausstellung

Die Ausstellung besteht aus 13 Tafeln im Format Din-A1 in schwarz/weiß.
Interessierten Gruppen und Initiativen leihen wir die Ausstellung gerne aus. Sie kann aber auch - gegen Selbstkosten - erworben werden. Wer die Möglichkeit hat, sie selber ausdrucken zu lassen, kann von uns auch die Druckdateien erhalten.

Einfach per Post oder per Kontakt an uns wenden.

Die Ausstellung wurde durch finanzielle Hilfe von Netzwerk-Selbsthilfe Saarland ermöglicht.
Wir danken!

Die Ausstellung gibt es jetzt auch auf italienisch.

[Die Tafeln im Überblick] - [Die Verlagerung der Welt - Text zur Ausstellung] - [ PDF-Datei: Katalog zur Ausstellung]
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Das Lager ist kein neutraler Ort - weder geschichtlich noch geografisch. Kann sein, dass sie die Menschheitsgeschichte schon immer begleitet haben, beim Pyramidenbau in Ägypten oder im Römischen Reich. Aber das Lager, von dem wir gezwungen sind, zu reden, ist ein Produkt imperialistischer Politik. Es ist eine Erfindung jener Epoche des Weltkapitalismus, die an der Schwelle des letzten Jahrhunderts begann und bis heute fortdauert.
Dass Menschen in großer Anzahl eingesperrt und dabei massiv ihrer sozialen und politischen Rechte beraubt werden, hat seinen Anfang in der europäischen Kolonialpolitik.

Kasernierung, Uniformierung und Ausmerze sind Ausdruck der Despotie der Moderne. Die fabrikmäßige Vernichtung von Menschen im Nationalsozialismus ist unvergleichlich, das Lager aber als Ort kapitalistischer Selektion und Zurichtung hat viele Gesichter.

Menschen werden in Lager gesperrt,
- um sie zu isolieren, weil sie nach herrschender Auffassung als gefährlich gelten oder weil man sie sich vom Leibe halten will
- um sie umzuerziehen, weil sie nach herrschender Auffassung einer nicht konformen Ideologie oder Lebensweise anhängen
- um sie zu terrorisieren und über sie die ganze Gesellschaft
- um ihre Arbeitskraft durch Zwangsarbeit auszubeuten
- um sie zu vernichten, weil sie aus rassistischen Zuschreibungen, sozialen und/oder politischen Gründen als schädlich gelten
- um an ihnen für militärische und medizinische Zwecke zu experimentieren.

Wenn heute von Lagern die Rede ist, dann ist die fast unmittelbare Assoziation das Konzentrationslager, wie es der Nationalsozialismus hervorgebracht hat. Aber Lager, auch Konzentrationslager, unterschiedlicher Funktion, existieren heute noch als weltweites Phänomen.

Lager stehen für Ausgrenzung, Entrechtung und totale Verfügungsgewalt in den Händen staatlicher Macht. Lager sind Orte eines organisierten Ausnahmezustands. Das verbindet sie durch die Geschichte und über alle Orte hinweg. Sie sind jeweils unvergleichlich. Die Methoden und Techniken, die Gewalt und der Terror, die dabei zur Anwendung kommen, haben ihren Ursprung im System kolonialer Herrschaft und ihrer Ideologie. Rechtlosigkeit herrscht nicht nur in den Lagern. Sie hängt unmittelbar mit einer Ökonomie zusammen, deren Akkumulation soziale Ausgrenzung im Weltmaßstab produziert.

Ereignisse, die durch eine medial geprägte Wahnehmung als Skandal erscheinen, werfen zwar immer wieder das Licht auf besondere Grausamkeiten. Die Empörung ist völlig berechtigt, aber sie bleibt gefangen in der Wahrnehmung isolierter Ereignisse. Das ist die Funktionsweise des Skandals und der Mechanismus internationaler Öffentlichkeit. Unser Anliegen ist nicht die Empörung, obwohl wir sie für eine notwendige und elementare Äußerung menschlicher Vernunft halten. Uns interessiert die Systematik hinter den einzelnen Ereignissen. Es ist nicht der Übergriff, nicht die vermeintliche Ausnahme einer besonderen Grausamkeit, sondern die grundlegende Normalität einer Ausnahme, die es längst nicht mehr ist.

Die Ausstellung dient so nicht nur dem Zweck, einige Informationen und Hinweise auf das globale Lagersystem zu geben. Sie intendiert auch auf eine kritische Relexion der bürgerlich geprägten Wahrnehmung politischer und sozialer Ereignisse, der wir unterliegen. Nicht selten eben sind auch wir bestimmt durch die Skandalisierung gesellschaftlicher Vorgänge. Verkürzt gesagt: Es ist die Tagesschau, die die Themen vorgibt, zu denen auch eine Linke sich verhalten muss. Bei so genannten Menschenrechtsfragen ist die der Empörung folgende Aktivität allerdings schon abgeschnitten: Die (kurzfristige) Öffentlichkeit des Skandal macht das linke Eingreifen überflüssig...

Tatsächlich wäre gerade in diesen Fragen ein völlig anderes Verhalten einer emanzipatorischen Linken notwendig. Der Kampf gegen Folter und Lager ist nämlich kein Thema und erstrecht nicht die Sache von Menschenrechtsgruppen. Ein solcher Kampf ist von zentraler Bedeutung für den eigenen Begriff sozialer Perspektiven und berührt einen zentralen Bereich linker Politik und Vorstellung. Ignorieren und Nicht-Verhalten dagegen stellt die Fähigkeit, gesellschaftliche Perspektiven zu entwickeln, in Frage.

Initiative Libertad!, Herbst 2006


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