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Freitag, 08.11.2024

Der Dezemberaufstand in Griechenland

Kurzer geschichtlicher Überblick
Am 06. Dezember 2008 ermordete der Polizist Korkoneas kaltblütig den 15-jährigen Schüler Alexis Grigoropoulos. In derselben Nacht begannen massenhafte Zusammenstöße in vielen Städten Griechenlands. Es fing ein wirklicher Aufstand an, der größte seit dem Fall der Junta 1974. In den darauf folgenden Tagen gab es in allen größeren, aber auch vielen kleineren Städten, bis hin zu entlegenen Inseln, Belagerungen und Angriffe auf Poli¬zeireviere. Die Demonstrationen, Besetzungen öffentlicher Gebäude und die Zusammenstöße mit der Polizei setzten sich in vielen Städten bis Weihnachten fort. In Athen, Thessaloniki und in mehr als 30 weiteren Städten wurden Hunderte von Banken und Geschäften sowie Dutzende von Polizeifahrzeugen zerstört.

An dem Aufstand waren Hunderttausende von Menschen beteiligt, vor allem junge Leute, hauptsächlich Schüler und Studenten, aber auch Arbeitende, Arbeitslose und „dem Arbeitsmarkt zur Verfügung Stehende“, mit sichtbarer Beteiligung der Migranten zweiter Generation. Die Organisationen und Parteien der Linken (außer der Kommunistischen Partei, die ihn verurteilte…) nahmen aktiv am Aufstand teil; die anarchistische Szene spielte eine führende Rolle bei den Zusammenstößen mit der Polizei.

Gründe und Erscheinungsformen des Aufstands
Lange vor dem Dezember wurde in Griechenland ein deutlicher Rückgang des Einflusses der rechten Regierung sichtbar, ein für griechische Verhältnisse einmaliger Vertrauensschwund in das Zweiparteiensystem (Neue Demokratie und PASOK) und eine diffuse und widersprüchliche gesellschaftliche Unzufriedenheit, mit intensiven radikalen Merkmalen. All dies, in Verbindung mit den großen Mobilisierungen der vergangenen Jahre, hauptsächlich der des Frühjahrs 2007 zur Verteidigung des öffentlichen Bildungswesens, und den wiederkehrenden massenhaften kämpferischen Aktionen der Antiglobalisierungsbewegung (wesentliche Stationen: Genua 2001, griechischer EU-Vorsitz und imperialistischer Irak-Krieg 2003 und auch 4. Europäisches Sozialforum Athen 2006), schuf die „subjektiven“ Voraussetzungen für die Dezember-Revolte.

Auch wenn weder der Sturz der Regierung erreicht wurde noch der Aufstand die Arbeitswelt durchdringen konn¬te, so daß, in Verbindung mit der bewußten Entscheidung des sozialliberalen PASOK und der Gewerk¬schaftsbüro¬kra¬tie, die Regierung und das System zu stützen, der Dezember auf die Straße „beschränkt“ blieb, ist unbestritten, daß er ein großes soziales Potential, Kampfformen und -themen zum Vorschein brachte, die nur ein Aufstand hervorbringen kann. Bezeichnend ist, daß der Mordversuch mit Salzsäure an der migrantischen Gewerkschafterin in Leiharbeitsverhältnis Konstantina Kouneva, veranlaßt Ende Dezember durch die Arbeitgeberseite, eine enorme Widerstandsbewegung in Gang setzte, die bis heute anhält.

Die Situation heute
Unmittelbar nach Weihnachten sind die Regierung, die politischen Vertreter des Staates und die Massenmedien, vor allem das Fernsehen, zu wütendem Gegenangriff übergegangen. Aus Furcht vor einer Wiederholung des Dezembers, wegen der antisozialen Regierungspolitik und der Verschärfung der Krise, attackieren sie alles, was potentiell rebellisch ist, sowie die Unterstützerszene und lancieren eine noch nicht dagewesene Kampagne ideologischen Terrors und vorbeugender Repression.
So propagieren sie die Abschaffung des universitären Asyls, kriminalisieren die Vermummung und die Beleidigung von Staatsorganen und bereiten die weitere Institutionalisierung der polizeilichen Willkür vor.
In diesem Rahmen warfen „Unbekannte“ (parastaatliche Faschisten) eine Handgranate auf die Migranten-Kneipe in Athen, wo sich auch die Räume unseres Netzwerks befinden. Die Handgranate explodierte nur durch Zufall nicht im Innenraum der Kneipe, sondern außen, wo sie erhebliche Zerstörungen verursachte. Natürlich schweigen Regierung und Polizei, während für die Medien dieser Mordanschlag keine „Nachricht“ ist.

Heute sind noch über 20 der Demonstranten, die im Dezember festgenommen wurden, in Haft; einige von ihnen werden mit dem „Antiterror“-Gesetz verfolgt.
Wir sind der Auffassung, daß der Kampf für ihre sofortige Freilassung zusammen mit der Mobilisierung gegen die Terrorhysterie und die Intensivierung der staatlichen Repression die vorrangigsten Aufgaben der Bewegung sind.

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