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Dienstag, 19.03.2024

Schlappe für den Verfassungsschutz

Nach Auffassung der fünfköpfigen Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin war die achtjährige Überwachung von Libertad!-Aktivisten, ihren Mitbewohnern, Freunden und Arbeitsstätten rechtswidrig.

Die Anträge des Verfassungsschutzes auf Überwachung der Telekommunikation und des Briefverkehrs für die Zeit von Oktober 1998 bis Oktober 2006 waren nicht rechtsmäßig, weil sie entgegen des Gesetzestextes teils mündlich erfolgten und damit nachträglich nicht zu überprüfen sind. Außerdem lagen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor, die einen solch massiven Eingriff in die Grundrechte legitimierten, zumal nicht belegt werden konnte, dass der VS zuvor alle anderen Mittel ausgeschöpft hat (Stichwort: Subsidiarität). Trotzalledem hat das Bundesinnenministerium die Überwachung angeordnet, und die G10-Kommission hat sie als notwendig erachtet. Die Kommunikation zwischen VS, Innenministerium und G10-Kommission laufe, so die Beklagte, im wesentlichen mündlich.

Gegen die Bundesrepublik Deutschland hatten acht Personen geklagt, deren Telefone vom Bundesamt für Verfassungsschutz (VS) abgehört wurden. Darunter auch drei Personen, die der Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg) verdächtigt waren. Für die Beklagte (den Staat BRD) erschien der Prozessbevollmächtige Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff von der Europa-Universität Frankfurt/Oder ("Wir arbeiten sehr eng mit der G10-Kommission zusammen") und Herr Schröder vom Bundesministerium des Innern bzw. Verfassungsschutz (VS).

Der Vorsitzende Richter Wilfried Peters und Heinrich Amadeus Wolff fachsimpelten freundlich. Sie kannten sich schon von einem ähnlich gelagerten Prozess im Jahr 2011. Auch dieser Prozess wurde - am 21.3.2011 - von den Klägern gewonnen. Die jahrlange Praxis des VS ist rechtswidrig und somit würden vermutlich alle, die gegen ihre Überwachung klagen, vor dem VG Berlin recht bekommen.

Die Verdachtsmomente basierten angeblich auf einer Textanalyse des VS, der Texte der "militanten gruppe" und angeblicher Vorläufergruppen mit Texten von Libertad!-Aktivisten verglich. Obwohl das BKA eine Gegenposition vertrat, hielt der VS an seiner offensichtlich falschen These fest.

Der Berichterstatter unter den fünf Richtern hatte sämtliche Akten gelesen und zeigte sich leicht empört, weil die über 30 Anträge des VS auf Überwachung aus Textbausteinen bestehen, die nur gering variieren und nichts mit dem konkreten Fall zu tun hätten.

Das Gericht entschied allerdings nicht über Anträge des Rechtsanwaltes, die Bundesinnenminister zu hören und die Praxis der Parlamentarischen Kontrollkommission und der G10-Kommission in die Entscheidung einzubeziehen. Nach Auffassung des Rechtsanwalts könne man damit nachweisen, dass es keine ausreichende demokratische Kontrolle der Geheimdienste gibt.

Presseschau:


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